Wie Sie Gedanken schreiben

Wie Sie Gedanken schreiben

Die Gedanken einer Perspektivfigur zu schreiben kann schwierig sein. Die Zeichensetzung bei Dialogen sind zweifelsfrei geregelt. Für Gedanken gibt es im Rechtschreibduden jedoch keine Anweisungen. Auch ein Blick in veröffentlichte Romane gibt keine eindeutige Antwort darauf, wie man Gedanken vom restlichen Text eines Romans abhebt, so dass der Leser stets weiß, was Erzählung ist, was Dialog und was sich nur im Kopf der Perspektivfigur abspielt.

Dabei ist es wichtig, dem Leser Orientierung zu verleihen. Folgende Möglichkeiten haben sich bewährt. Sie besitzen allerdings jeweils Vor- und Nachteile:

1. Gedanken als Teil des Erzähltexts

Manchmal ist es offensichtlich, welche Textstellen Gedanken sind:

Mit einem satten Glucksen starb der Motor ab. David hämmerte mit der Faust auf das Armaturenbrett. Verdammter Mist!

Hier ist vollkommen klar, dass der Fluch im Kopf der Perspektivfigur stattfindet. Eine weitere Kennzeichnung ist nicht nötig. Die Technik bietet sich also an, wenn Sie nicht viele Gedanken schreiben, sondern sich auf kurze, gelegentliche Einblicke in die Innenwelt Ihrer Figuren beschränken.


Vertrauen Sie im Zweifelsfall Ihren Testlesern

Es ist jedoch nicht immer so eindeutig wie im Beispiel und vor allem, wie Sie beim Schreiben es vielleicht glauben. Wenn Sie auf jeden Fall verhindern wollen, Ihre Leser zu verwirren, dann achten Sie sehr genau auf das Feedback ihrer Testleser. Denn nur mit ihrer Hilfe können Sie herausfinden, ob Sie genug Orientierung verleihen oder nicht.


2. Kursivschrift

Häufig werden Gedanken in einem Text kursiv gedruckt:

Er lächelte schmierig. »Du hast keine andere Wahl mehr. Jetzt musst du mit mir ausgehen.«

»Hmpf.« So ein Mist. Er hat recht. So leicht gebe ich mich aber nicht geschlagen. Anne verschränkte ihre Arme vor der Brust und streckte ihm angriffslustig ihr Kinn entgegen. »Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.«

Auch hier könnte man auf eine Kennzeichnung der Gedanken verzichten. Allerdings besteht in diesem Fall die Gefahr, dass der Leser verwirrt wird und somit sein Lesefluss gestört ist.

Gerade in Science-Fiction- oder Fantasy-Romanen, in denen Telepathie vorkommt, wird häufig Kursivdruck verwendet, wenn beispielsweise Figuren telepathisch kommunizieren. Dann müssen die kursiv gesetzten Textstellen auch mit Redebegleitsätzen versehen werden. Wenn man mich fragt, dann ist das jedoch auf Dauer etwas anstrengend zu lesen.


Achtung, zu viel kursiv!

Sie müssen mit der Kursivschrift ein wenig aufpassen, wenn auch andere Textstellen kursiv formatiert werden, die aber keine Gedanken sind – beispielsweise um sie zu betonen. Hier folge ich gerne dem Prinzip, eher auf Kursivschrift zu Betonungszwecken zu verzichten. Lesern sollte selbst entscheiden dürfen, wo sie Betonungen setzen oder nicht.

Natürlich gibt es Gegenbeispiele. Terry Pratchett benutzt Kursivschrift, um Betonung zu setzen – und es funktioniert hervorragend, ohne dass der Lesefluss beeinträchtigt wird oder ich mich als Leser bevormundet fühle. Im Gegenteil, das Lesevergnügen wird sogar noch gesteigert.

Nun, ich halte Pratchett schlichtweg für ein Genie. Nur weil das bei ihm klappt, würde ich es jedoch nicht unbedingt nachmachen.


3. Anführungszeichen

Manchmal werden Gedanken ähnlich wie wörtliche Rede behandelt.

»Das kann doch jetzt nicht wahr sein«, dachte sie.

Der einzige Hinweis darauf, dass es sich hierbei nicht um gesprochene Sprache handelt, ist das Verb »dachte« im Redebegleitsatz. Es besteht die Gefahr, dass der Leser verwirrt wird, denn üblicherweise erwartet jeder nach Anführungszeichen wörtliche Rede.

Der Verwirrung können Sie ein wenig vorbeugen, indem Sie den Redebegleitsatz voranstellen.

Sie dachte: »Das kann doch jetzt nicht wahr sein.«

Wenn Sie mich fragen, ist das aber wenig elegant und auch nicht gerade förderlich für den Lesefluss.


Wozu Anführungszeichen verwenden, wenn das verwirrend oder wenig elegant ist?

Manchmal wollen Sie als Autor in einer Szene mehr als eine Figur denken lassen. Frank Herbert macht das beispielsweise im »Wüstenplaneten«. Hier kann der Leser in einer Szene häufig die Gedanken aller Figuren lesen. Auf diese Weise stellt Herbert dar, wie unterschiedlich die inneren Einstellungen und äußeren Handlungen der Figuren sind. Außerdem erzeugt er dadurch eine Menge Spannung, da die Konflikte mit dieser Technik auf die Spitze getrieben werden.

Nun, Herbert ist ein Weltklasse-Autor mit viel Erfahrung. Bei ihm liest sich das Ganze flüssig und spannend. Prinzipiell wäre ich mit dieser aber sehr, sehr Technik vorsichtig, zumal sie nur mit der dritten Person allwissend funktioniert.


4. Einfache Anführungszeichen

Normalerweise werden einfache Anführungszeichen verwendet, um wörtliche Rede innerhalb von wörtlicher Rede oder Titel wiederzugeben:

»Ich zitiere gerne den ›Faust‹. Da stecken so viele Weisheiten drin«, sagte sie.

Einfache Anführungszeichen sind ein ungewöhnlicher Weg, Gedanken zu schreiben. Hier gilt: Die Technik muss zunächst für den Leser etabliert werden. Ich finde, diese Möglichkeit bietet sich eher für künstlerische Texte an, weil sie originell ist und sehr erfahrene Leser erfordert, die solche Spielereien auch mögen. Dann jedoch kann das Verwenden einfacher Anführungszeichen durchaus wirkungsvoll sein.

Am Ende ist die Frage, für welche Technik Sie sich entscheide, eher zweitrangig. Wichtiger ist, dass Sie eine Technik konsistent im Roman beibehalten, wenn Sie sich entschieden haben. Alles andere führt zu Verwirrungen.


Eigene Satzzeichen erfinden

John Scalzi geht in seinem SF-Roman »Krieg der Klone« den ungewöhnlichen Weg, für Gespräche, die telepathisch stattfinden, eigene Satzzeichen zu erfinden. Er benutzt zwei Doppelpunkte.

::Ist das nicht komisch?::

::Schon. Aber man gewöhnt sich dran.::

::Aha.::

Gerade für Science Fiction finde ich das gar nicht schlecht. Aber auch hier würde ich das Mittel nur mit Vorsicht einsetzen. Es funktioniert bei Scalzi vor allem deswegen, weil er sonst schnörkellos schreibt.