Geisterjäger John Sinclair ist eine Heftromanserie, die seit über 50 Jahren wöchentlich im Bastei-Verlag erscheint. Damit gehört sie nicht nur zu den erfolgreichsten, sondern vor allem zu den langlebigsten Serien ihrer Art.
Vor allem aber hat John Sinclair eine Wirkung in der Breite erzielt, wie sie im Romanhfetbereich höchstens noch Perry Rhodan besitzt. Die Serie ist ein Phänomen der Popkultur.
Inhaltlich geht es in der Serie um John Sinclair, Oberinspektor bei Scotland Yard, der es mit übernatürlichen Wesen zu tun bekommt: Dämonen, Vampire, Hexen, Geister – die Liste ist lang und heutzutage aus TV-Serien wie zum Beispiel X-Files, Buffy oder Supernatural bestens bekannt.
Tatsächlich erinnert John Sinclair auffallend an diese TV-Klassiker, sowohl was die Form des seriellen Erzählens als auch den Inhalt angeht. Nur dass das erste Heft mit dem Helden schon 1973 erschien, lange bevor die genannten Serien produziert wurden.
Gut möglich, dass dieser Mega-Erfolg aus Deutschland durchaus auch andere Medien geprägt hat. Wer aber diese und andere TV-Serien genossen hat, der wird heute wiederum einen schnellen Einstieg in die Welt des Geisterjägers finden.
Tatsächlich lässt sich John Sinclair am besten als eine Mischung aus klassischen Gruselgeschichten und Urban–Fantasy mit Dämonen, gepaart mit einer Hauptfigur und erzählerischen Elementen aus den James–Bond-Filmen beschreiben.
Rellergerd gesteht in Interviews, ein große Bond-Fan zu sein, vor allem von der Roger-Moore-Zeit der Film-Serie. Daher stammt auch der Name Sinclair, denn Roger Moore verkörperte auch den Ermittler Lord Brett Sinclair in der TV-Serie Die 2, von der Rellergerd eigenen Aussagen nach ebenfalls begeistert ist.
Wer die Darstellungen des Titelhelden von den Covern kennt, ist über dessen Wurzeln wenig überrascht.
Garniert ist das Ganze noch mit einer Prise Krimi, nicht zuletzt deswegen, weil Rellergerd ursprünglich für die Bastei-Krimi-Serie Jerry Cotton schrieb.
Wie auch bei vielen anderen Gruselserien gibt es in John Sinclair eine zusammenhängende Serienwelt mit wiederkehrenden Figuren, magischen Gegenständen und einer eigenen Mythologie. Hier existieren verschiedene Realitätsebenen, Dimensionstore, alte Prophezeiungen und jede Menge Geheimnisse, die es zu entdecken gilt.
Vor allem aber ist John Sinclair ein popkulturelles Schwergewicht. Denn ähnlich langlebige Heftromanserien gibt es ja durchaus: Von der Krimi-Serie Jerry Cotton über die Western-Reih G.F. Unger bis hin zu den Romance-Titeln der Fürstenromane hat gerade der Bastei-Verlag einige Dauerbrenner im Programm, die teils sogar noch länger auf dem Markt sind als John Sinclair.
Aber keine der anderen Heftromanserien hat so eine breite Wirkung erzielt wie der Geisterjäger. Einzige Ausnahme dürfte das SF-Pendant Perry Rhodan sein.
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Ein Multiversum des Schauderns
John Sinclair findet jedoch schon lange nicht mehr nur im Heftroman statt. Zur Popularität und Langlebigkeit dürften vor allem auch die sehr hochwertigen Hörspiele beitragen, die nebenbei bemerkt die zweiterfolgreichste Hörspielserie nach den Drei ??? darstellen.
Es gibt außerdem Fernsehserien, Computerspiele, natürlich Fanartikel, mehrere Fanclubs – kurz: ein eigenes Franchise-Universum.
Wie genau lässt sich dieses Phänomen erklären? Was macht John Sinclair so anders als andere Heftroman- oder auch Buchserien?
Ich habe da lange drüber nachgedacht, denn, seien wir ehrlich, der reine Inhalt kann es nicht sein. Geisterjäger John Sinclair ist eine sehr solide Romanserie mit hohem Unterhaltungsfaktor.
Wer sich aber unbedarft und neugierig ein Heft am Kiosk oder als E-Book leistet und es liest, wird es wahrscheinlich schulterzuckend zur Seite legen und sich fragen: »Und darum der ganze Hype?«.
Ja, eine John-Sinclair-Geschichte bietet rund zwei Stunden Lesevergnügen. Und Vergnügen ist hier das zentrale Wort. Natürlich kann man von einem Heftroman literarische Qualitäten nicht erwarten.
Aber das, was man von einem Heftroman erwarten kann, erhält man bei John Sinclair in erstklassiger Güte.
Jede Woche erscheint eine überschaubare, aber spannende Story mit sympathischen Figuren. Es gibt neben den obligatorischen Gruselfaktoren, die der Titel ja schon anteasert, auch viel Atmosphäre, Action und eine Prise Humor.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt bei John Sinclair meiner Ansicht nach in der doch recht komplexen Mythologie, die über die Jahre in der Heftwelt entstanden ist und die man Woche für Woche eintauchen kann und die auch ein kleines bisschen erweitert wird.
Und im Gegensatz zum großen Heftromanbruder Perry Rhodan, der ein noch viel komplexeres Serienuniversum abbildet, gelingt es den Autorinnen und Autoren der John-Sinclair-Serie, einerseits dieses komplexe Gebilde in den einzelnen Heften zu bedienen und andererseits aber auch nahezu jede Ausgabe so zu schreiben, dass auch komplette Neulinge sich zurechtfinden.
Das liegt natürlich teilweise auch am Genre, denn Horror ist in der Regel etwas realitätsnaher und dadurch greifbarer als Science Fiction. Doch auch unter diesen etwas besseren Voraussetzungen finde ich, dass die Autorinnen und Autoren der Serie ihren Job in dieser Beziehung überdurchschnittlich gut machen.
All das zusammen macht John Sinclair zu einer Art Begleiter, etwas, das den Alltag für ein paar Stündchen in der Woche immer wieder neu um eine kleine Prise Magie ergänzt, ganz so, wie die Lieblings-TV-Serie nur halt eben als Kino im Kopf.
Die Entstehung einer Legende
Die Entwicklung der Heftromanserie John Sinclair lässt sich über die letzten fünf Jahrzehnte hinweg in mehrere charakteristische Phasen unterteilen, in denen sich sowohl Stil als auch Inhalte verändert haben – mal subtil, mal deutlich, aber immer erkennbar im Rahmen des Sinclair-Kosmos verortet.
Die Geschichte beginnt 1973, als der junge Helmut Rellergerd unter dem Pseudonym Jason Dark den ersten Roman mit dem Titel Die Nacht des Hexers für die Reihe Gespenster-Krimi verfasste. Der Erfolg wurde mit der Zeit so groß, dass 1978 die eigenständige Serie Geisterjäger John Sinclair startete.
Die frühen Jahre bis etwa 1980 waren stark von klassischen Gruselmotiven geprägt – es ging um Vampire, Hexen, Dämonen und allerlei andere Kreaturen, die sich hervorragend für ein Monster-of-the-Week-Format eigneten.
Die Geschichten waren rasant, pulpig, mit überschaubarem Personal, dafür aber sehr stimmungsvoll – und mit einem gewissen Charme des Unerwarteten. Schon damals aber blinzelte zwischen den Zeilen die Idee eines größeren Serienuniversums hervor.
In den 1980er-Jahren begann sich dieses Universum zunehmend zu verbreitern. Die Serie erreichte ihre erste Blütezeit – sowohl qualitativ als auch in Bezug auf Popularität. Es entstanden komplexere Handlungsbögen, wiederkehrende Gegner und ein wachsendes Ensemble an Nebenfiguren.
Zentrale Romane wie Asmodinas Höllenfahrt, die Kreuz-Trilogie oder Der Schwarze Tod prägten das Bild der Serie langfristig.
Der Ton blieb actionorientiert, doch die Stimmung wurde dichter, die Mythen stärker verwoben. John Sinclair wurde in dieser Zeit nicht nur eine Gruselreihe, sondern ein erzählerisches Serienuniversum mit eigenem Vokabular und wiedererkennbaren Regeln.
In den 1990ern verdichtete sich diese Entwicklung. Die Serie wurde ernster, düsterer und persönlicher. Mehrere Langbögen führten tief in die Vergangenheit des Titelhelden, enthüllten Verbindungen zwischen Gegenwart und Ursprungsmythen. Figuren wie Jane Collins oder Suko wurden psychologisch weiterentwickelt, und John Sinclair selbst wurde verletzlicher, menschlicher.
Zentrale Motive wie Prophezeiungen, Seelenreisen oder Parallelwelten gewannen an Bedeutung. Die sogenannte Sinclair-Chronik, ein erzählerischer Rückblick auf Johns Kindheit, verstärkte den Eindruck eines konsistenten Weltentwurfs.
Gleichzeitig öffnete sich die Serie für neue Themen: technische Bedrohungen, kybernetische Dämonen, Bio-Magie – auch der Horror passte sich dem Zeitgeist an.
Mit den 2000er-Jahren setzte eine Phase der Konsolidierung ein. Die Serie begann, sich selbst zu reflektieren – ein Balanceakt zwischen Nostalgie und Fortschritt. Einzelromane wechselten sich mit mehrbändigen Zyklen ab, wie etwa dem Schattenreich– oder dem Sinclair-Academy-Zyklus. Frühere Gegner und Motive wurden wieder aufgegriffen, modernisiert oder neu interpretiert.
Gastautoren wie Ian Rolf Hill, alias Florian Hilleberg, oder Logan Dee brachten frischen Wind, ohne den Grundton der Serie zu verändern. Die Geschichten blieben zugänglich, die Mythologie wuchs und mit ihr das Bedürfnis, neue Formate zu erschließen.
Das führte in den 2010er-Jahren zur multimedialen Expansion. Neben der regulären Heftserie erlebten vor allem die Hörspiele der Edition 2000 einen beispiellosen Boom. Professionell produziert, prominent besetzt und klanglich opulent inszeniert, schafften sie es, eine neue Generation von Sinclair-Fans zu gewinnen.
Auch Spin-off-Reihen wie Dark Land oder Sinclair Deadzone zeigten, dass das Serienuniversum auf unterschiedliche Weise weitergesponnen werden konnte.
Parallel dazu wurden digitale Formate (E-Books, Sammelbände) ausgebaut, was den Zugang zur Serie erheblich vereinfachte. Inhaltlich wurde die Erzählweise moderner, teils cineastischer, die Figuren differenzierter. Themen wie Diversität, psychologische Ambivalenz oder queere Repräsentation hielten zunehmend Einzug.
Seit den 2020er-Jahren lässt sich ein Übergang in eine neue Ära beobachten. Jason Dark selbst zog sich schrittweise zurück, bleibt aber als geistiger Vater der Serie präsent. Die Redaktion arbeitet nun mit einem festen Team, das unterschiedliche Stile und Perspektiven einbringt. Neben dem neuen Hauptautor Florian Hilleberg etwa Rafael Marques, Timothy Stahl oder Nadine Muriel.
Die Serie schwankt weiterhin zwischen Einzelfolgen und übergreifenden Zyklen, aber diese Spannung ist inzwischen Markenzeichen geworden. Das Experimentieren mit Tonlagen, Erzählmodellen und Figuren wird offen gefördert, ohne dass die Identität der Serie verloren geht.
Zum 50. Jubiläum 2023 erschien eine ganze Reihe von Sonderveröffentlichungen, neue Ausgaben in Print und Digital, Jubiläumshefte – und es gibt sogar konkrete Überlegungen zu einer neuen TV- oder Streaming-Adaption. Ob das gelingt, bleibt abzuwarten, aber es zeigt, wie vital dieses Format auch nach einem halben Jahrhundert noch ist.
Fasst man diese Entwicklung zusammen, zeigt John Sinclair exemplarisch, wie ein serielle Erzählwelt über Dekaden hinweg nicht nur überleben, sondern sich ständig neu erfinden kann, ohne ihre Wurzeln zu verleugnen.
Lohnt sich John Sinclair nun für Fans von Fantasy der alten Schule?
Das kommt darauf an. Und zwar darauf, wie man Fantasy für sich definiert. John Sinclair ist natürlich keine High Fantasy à la Tolkien und auch keine Sword & Sorcery wie Conan oder Kane. Aber in meinen Augen durchaus Urban Fantasy.
Ja, es steht „Horror“ auf den Heften. Und natürlich ist John Sinclair mit den vielen Dämonen, Vampiren und anderen Fabelwesen, die sich die Türklinke in die Hand geben, vor allem Supernatural Horror. Aber es gibt auch zahlreiche Fantasy-Elemente, wie die Reise durch verschiedene Dimensionen, das Zurückgreifen auf Märchen– und Sagenelemente wie die Artus-Legende und nicht zuletzt viele magische Gegenstände.
Natürlich ist John Sinclair gelegentlich auch ziemlich blutrünstig, wie man es von einer Horror-Serie erwartet. Aber die Gore-Elemente halten sich doch in einem gewissen Rahmen, da die Hefte ja auch für Jugendliche geeignet sein sollen, ohne gleichzeitig ihre Eltern aufzubringen. Somit treten die Fantasy–Elemente in den Vordergrund.
Mich als Old-School-Fantasy-Enthusiasten jedenfalls spricht die Serie an. Ob das für andere auch gilt, muss man selbst herausfinden. Der Test ist ja recht risikolos – mit einem Einsatz von nicht einmal zwei Euro für ein Heft im E-Book-Format kann man schon dabei sein.
Das serielle Erzählen – zwischen Ritual und Erzählbogen
Und da sind wir auch schon beim letzten Punkt, der mich an John Sinclair fasziniert und das popkulturelle Phänomen erklärt: das serielle Erzählen.
Das ist nun kein Alleinstellungsmerkmal von John Sinclair, aber hier doch besonders interessant umgesetzt.
Grob gesagt gibt es ja zwei Möglichkeiten, eine Serie zu strukturieren: Entweder habe ich einen langen und komplexen Handlungsbogen, in dem jedes einzelne Heft nur ein Mosaikstein einer epischen Geschichte ist – das ist so der Perry-Rhodan-Pfad. Oder ich gestalte jedes Heft so, als wäre es der erste Band der Serie – eher die Erfolgsstrategie von Jerry Cotton.
John Sinclair hat es jedoch geschafft, beide Wege ziemlich gut auszubalancieren. Ja, das Pendel schlägt mal etwas mehr in die eine oder andere Richtung aus, aber im Großen und Ganzen funktioniert der Mittelweg sehr gut.
Und das macht letztendlich ein besonderes Lesevergnügen aus: Man weiß bei John Sinclair, dass man sich nicht auf ein berufsbegleitendes Studium einlässt, um der Handlung folgen zu können, kehrt aber doch jede Woche zu alten Bekannten zurück.
So entsteht, wenn man dranbleibt, aus einer 64-Seiten-Story am Ende eine komplexe, große, ja epische Geschichte.
Das alles mag weder neu noch vom Prinzip her einzigartig sein, denn viele Serien sind ja so beschaffen. Aber es gibt doch wenig Serien, die das seit 50 Jahren ununterbrochen schaffen – ohne Pausen, Staffeln, Zyklen oder andere Stolperfallen. Und diese Tradition spürt man, auch wenn man mit Heft 2500 einsteigt.
John Sinclair ist ein Ort, an den man jeden Samstag, wenn ein neues Heft erscheint, zurückkehren kann. Ein kleiner Hort der Fantasie, den man für zwei Stunden schmunzelnd und wohlig gruselnd betreten darf – und bei dem man Woche für Woche verlässlich alte Freunde trifft.
Und wenn man einen E-Book-Reader hat, muss man dafür nicht einmal zum Kiosk oder Briefkasten gehen.
Ohnehin habe ich den Eindruck, dass Kindle & Co. für Heftromane gemacht sind. Denn bei physischen Einzelheften besteht irgendwann das Problem, dass zumindest ich nicht mehr weiß, wohin mit dem ganzen Papier. Zum Wegschmeißen zu schade, aber um sie aufzubewahren, fehlt auf die Dauer der Platz.
Und man kommt im E-Book-Format inzwischen problemlos auch an ältere Hefte heran. Etwas, wofür man sonst eine Odyssee durch 2nd-Hand-Läden unternehmen und teilweise Sammlerpreise zahlen müsste.
Einstiegsempfehlungen für Neugierige
Wer neugierig geworden ist und wissen will, mit welchen Heften man gut einsteigen kann, hier ein paar Tipps:
- Band 1 – Die Nacht des Hexers
Der allererste Roman aus dem Jahr 1973. Noch nicht ausgereift, aber historisch interessant – und inzwischen auch als E-Book oder auch qualitativ sehr hochwertig und leicht modernisiert als Hörspiel erhältlich. Ein guter Einstiegspunkt für systematische Leserinnen und Leser. - Band 2000 – Mein Todesurteil
Ein Jubiläumsband mit Rückbezügen auf frühere Ereignisse. Für Neueinsteiger auch heute noch gut lesbar. Ein guter Einstiegspunkt, da man von dort aus nicht sooo viel nachholen muss, bis man bei den aktuellen Heften landet. - Die Spien-offs: Dark Land oder Die Atlantis Legenden
Kurzlebige, aber atmosphärisch sehr starke Spin-Offs mit Fantasy–Schwerpunkt. Für Old School Fantasy-Enthusiasten durchaus lesenswert.
P.S.: Old schooliges Hörvergnügen
Ich muss gestehen, dass ich meinen Rückweg zu Sinclair über die Hörspiele gefunden habe.
Meine erste Begegnung mit dem Geisterjäger hatte ich so im frühen Teenager-Alter in den 1980ern. Da hatte die Serie »erst« ein paar hundert Ausgaben. Nach einer recht kurzen, intensiven Phase von wenigen Jahren, hatte ich die John Sinclair aus den Augen verloren. Vor allem, weil sie meinem jungen, aufstrebenden Künstler-Ich zu trivial war.
Auch im Studium war es wenig schicklich, Heftromane zu lesen. Wer sich als Germanistik-Student mit einem John Sinclair-Heft erwischen lässt, schmiert sich auch gerne die Haut mit Honig ein und setzt sich auf einen Ameisenhügel.
Aber im fortgeschrittenen Alter lebt es sich ja immer ungenierter. Außerdem bin ich ein großer Hörbuch- und vor allem Hörspiel-Fan, weswegen es also nicht ausbleiben konnte, dass ich früher oder später auf die Sinclair-Hörspiele stieß.
Und diese lohnen sich, auch wenn man mit Heftromanen nur wenig am Hut hat. Das Produktionsniveau ist sehr hoch und die einzelnen Folgen sind dank bewährter Synchronsprecher wirklich mit dem Gucken von Blockbuster-Filmen vergleichbar.
Wer wie ich, beim Fernsehen oder im Kino häufiger einschläft, und sowieso eher den Sound als das Bild von Filmen wahrnimmt, merkt also fast keinen Unterschied zur großen Leinwand.
Es ist allerdings nicht ganz so simpel, hier den Einstieg in die Hörspiel-Welt zu finden. Immerhin gibt es auch die Hörspiele schon seit einigen Jahrzehnten und vor allem von verschiedenen Studios.
Am bekanntesten sind die Hörspiele mit den schwarzrandigen Covern. Diese folgen mehr oder weniger der Systematik der Heftromanserie, auch wenn nicht systematische alle Folgen vertont werden. Hier kann mit der Episode »Im Nachtclub der Vampire« einsteigen, wenn man das möchte. Man macht nichts falsch.
Wer jedoch Komplettist und Systematiker ist wie ich, beginnt mit den John Sinclair Classics-Hörspielen. Hier wurden 40 Romane vertont, die nicht in der eigenen Serie, sondern noch in der Sammelreihe Gespensterkrimi in den frühen 1970er Jahren erschienen sind.
Hört man zuerst die Classics bekommt man die Anfänge des Geisterjägers mit. Und wer gerne erfahren möchte, wie wichtige Figuren wie Bill Connoly oder Suko ihren Weg in das Sinclairverse gefunden haben, der muss mit den Classics-Folgen beginnen.
Mit etwas Vorsicht sind die »Tonstudio Braun«-Hörspiele mit den türkisfarbenen Coverrändern zu genießen. Diese sind in den 1980er und 1990er Jahren erschienen. Für Old-School-Liebhaber natürlich ein Fest, aber mit modernen Maßstäben nicht zu messen.
P.P.S.: Sinclairverse in Film und Fernsehen
Es gibt bereits eine TV-Serie und einen TV-Spielfilm-Adaption der Heftromanserie, die um die Jahrtausendwende entstanden sind.
Beide sind jedoch sowohl bei Kritikern als auch beim Publikum nicht gut weggekommen. Ich habe seinerzeit einmal kurz in die TV-Serie reingeschaut und vermute, dass man getrost auf beides verzichten kann.
Das Budget war offenbar nicht besonders groß. Und die Sensibilität für eine angemessene, werkgetreue Umsetzung ebenfalls nicht.
Gerüchte um neue Versuche, John Sinclair auch visuell umzusetzen, halten sich in Grenzen. Der Bastei-Verlag selbst gibt zu Protokoll, dass nichts geplant ist. Verständlich. Nach den beiden großen Flops wäre es fahrlässig, eine weitere, halbherzige Umsetzung zu wagen.
Leider haben Heftromanserien im deutschen Kulturbetrieb einen schweren Stand. Amazon Prime hat zwar meiner Meinung nach mit der Umsetzung von Wolfgang Hohlbeins fantastischen Jugendbuch-Klassiker »Der Greif« gezeigt, dass sich die Studios an solche Stoffe herantrauen und durchaus auch erfolgreich verwirklichen können.
Nur ist eben »Der Greif« zwar ein Unterhaltungsroman, aber immerhin in Buchform erschienen. Heftromanserien werden von deutschen Filmemachern offenbar einfach nicht angefasst. Andernfalls müssten die noch wesentlich größeren Erfolge Jerry Cotton oder Perry Rhodan längst Blockbuster sein, die jedoch ihre letzten filmischen Auftritte in den 1960ern hatten.
Okay, Jerry Cotton wurde noch einmal 2010 verfilmt. Allerdings wenig werkgetreu als Schenkelklopferkomödie im Stile von »Der Schuhe des Manitu«.
Schade, wie ich finde. Denn man mag zum Genre stehen wie man will, aber Heftromane gehören schon zum deutschen Pop-Kulturgut. Rellergerd und sein mehr oder weniger offizieller Nachfolger Hillerberg dürften die am meisten gelesenen deutschen Horror-Autoren der Gegenwart sein.
Obwohl Heftromane heute weit von den großen Auflage des letzten Jahrtausends entfernt sind, besitzen sie immer noch eine große Reichweite.
John Sinclair ist Popkultur. Diese nicht auch auf der großen Leinwand mit einem angemessenen Budget und einer entsprechenden Sensibilität für die Fans umzusetzen, ist einfach schade. Hier wird die Gelegenheit verpasst, ein noch größeres Publikum mit old schooligen Inhalten zu erreichen.
