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Fantasy ist, grob gesagt, hundert Jahre alt. Ja, ja, alles eine Definitionssache. Man kann die Wurzeln der fantastischen Literatur bis in die Antike verfolgen und darüber streiten, ob denn Mary Shelley, E.A. Poe oder E.T.A Hoffmann, ja sogar Homer oder Aristoteles nicht auch Fantasy geschrieben haben (die alten Griechen müssen ja immer für alles herhalten).
Für mich beginnt Fantasy mit Autoren wie H.P. Lovecraft, J.R.R. Tolkien und Robert E. Howard. Natürlich kann man noch Schriftstellerinnen und Schriftsteller wie Ursula K. LeGuin, Lloyd Alexander, C.S. Lewis und Lewis Caroll zu den Schöpfern des Genres zählen.
Bestimmt habe ich damit die eine oder andere wichtige Person vergessen. Aber letztendlich läuft es meiner Meinung nach auf Folgendes hinaus:
Die Grundlinien, die das Genre bis heute entscheidend prägen, sind zu Beginn oder Mitte des 20. Jahrhunderts von diesen Menschen gezeichnet worden. Alles, was danach kam, ist in meinen Augen eine Art Variation dieser Werke.
Old School sind nun also entweder diese Autorinen und Autoren und ihre Zeitgenossen. Oder Autorinnen und Autoren, die mehr oder weniger in ihre Fußstapfen treten.
Inhaltlich zeichnet sich Old School Fantasy durch eine hohe Dichte an klassischen Fantasyelementen, wie Questen, Schwertkämpfe, Abenteuer, Geheimnissen und mythologische Kreaturen aus.
Außerdem ist in der Fantasy der alten Schule Magie mächtig, aber nicht unbedingt allgegenwärtig. Sie fordert jedoch immer einen großen Preis und ist auch nicht unbedingt zuverlässig.
Die Welten dieser Geschichten stecken voller tödlicher Gefahren, aber auch voller Wunder zum Staunen.
Und vor allem voller Rätsel. Wenn man mich fragt, dann gibt es die ungeschriebene Regel, dass in jedem guten Fantasy-Roman mindestens ein Rätsel gestellt und gelöst werden muss.
Insofern sind für mich beispielsweise Michael Moorcock oder Karl Edward Wagner auf jeden Fall Old School Autoren. Obwohl sie etwas jünger sind als die zuvor genannten und in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Hochphasen ihres Schaffens hatten.
Auch Menschen wie z.B. Marion Zimmer Bradley oder Piers Anthony, meinetwegen auch deutsche Autoren wie Wolfgang Hohlbein und Kai Meyer, gehören für mich dazu.
Aber Old School Fantasy bedeutet für mich nicht, dass die Autoren, die sie schreiben, schon im Rentenalter, tot und/oder aus dem letzten Jahrtausend sein müssen (obwohl all dies auch keine Schande ist, finde ich).
Old School ist eher eine Art Einstellung. Eine Atmosphäre, die eine Geschichte versprüht. Sense of Wonder, atmosphärisches Worldbuilding und Geradlinigkeit gehören für mich dazu.
Und, ja, auch ein gewisses Maß Trash finde ich toll.
Insofern sind beispielsweise Autorinnen wie Stephenie Meyer oder Suzanne Collins nicht old school, da bei ihnen der Romantik und Beziehung im Vordergrund stehen. Nichts gegen Romantik und Beziehungen, aber für mich sind das in der Regel keine Themen, die allein einen packenden Roman ausmachen.
Auch eine ältere Autorin, wie beispielsweise Anne Rice, würde für mich nicht dazu gehören. Ihr Zeitgenosse Robert Jordan eher schon, weil er mehr noch in der Tradition Tolkiens steht.
Das bedeutet nicht, dass Meyer, Collins oder Rice schlechte Autorinnen sind oder ihre Bücher nicht lesenswert wären. Ich werde mich hier auf dem Blog nur nicht großartig mit diesen oder ähnlichen Werken beschäftigen, weil sie bei mir einfach nicht so zünden wie andere.
Und was bedeutet jetzt dieses OSR?
Für mich sind Fantasy-Literatur und Fantasy-Rollenspiele eng miteinander verbunden. Das hat bestimmt biografische Gründe, weil ich beides mehr oder weniger gleichzeitig für mich schon in jungen Jahren entdeckt habe.
Darüber hinaus ist das Besondere an der Fantasy für mich, dass sie mehr noch als andere Genres dazu inspirieren, weitergesponnen zu werden. Das liegt auch an der Zielgruppe. Denn natürlich neigen die meisten Menschen, die gerne spekulative Geschichten erfahren, in denen Fabelwesen Magie wirken, auch zu einer überbordenden Fantasie.
Und die muss ja irgendwie auch wieder raus.
Zumindest trifft das auf mich zu.
Und neben dem Schreiben eigener Fantasy gehört halt das Spielen in einer Fantasy-Welt dazu.
Was jetzt dieses Rollenspiel genau ist, erkläre ich hier, falls dir das unbekannt sein sollte.
Old School Rollenspiele (kurz OSR) sind nun wiederum eine Unterart von Rollenspielen für Veteranen des Hobbys wie mich.
Die Grundidee dabei ist, dass die Regeln, die in den 1970ern in der ersten Edition von Dungeons & Dragons so viele Menschen inspiriert haben, nachgebaut werden. Dabei soll das Spielgefühl von damals reproduziert werden.
Einerseits geschieht das, weil es die alten Ausgaben des Spiels nicht mehr zu kaufen gibt. Andererseits aber auch, weil bei diesem Nachbauen nun doch die eine oder andere kleine Änderung vorgenommen wird, die das Spiel noch interessanter machen.
Dabei werden nicht nur schlichtweg Fehler in den alten Regeln ausgebügelt, sondern doch das manche neue Konzepte hinzugefügt. Das alte Spielgefühl soll erhalten bleiben, aber trotzdem wird das Spiel stromlinienförmiger. einfacher aber auch raffinierter als es damals war. Nostalgisch und innovativ zugleich.
Rollenspiele für Feinschmecker sozusagen.
OSR für echte Experten … musst du nicht lesen, wenn du kein vertiefendes Interesse an dem Thema hast
Was genau macht nun den Reiz von OSR aus? Es geht ein bisschen über die oben beschriebenen Aspekte hinaus. Aber diese kann man nur verstehen, wenn man ein wenig Erfahrung mit Pen & Paper auf dem Buckel hat:
- Entscheidungen werden beim OSR basierend auf Logik und der Situation, nicht auf der Basis festgelegter Regeln getroffen.
- Die Kreativität und Problemlösung der Spielerinnen und Spieler sind wichtiger als die Spielwerte ihrer Charaktere.
- Die Spielfiguren beginnen als normale Menschen und werden zu Helden, erreichen aber keine übermenschlichen Fähigkeiten, werden also nicht zu Superhelden. Oder anschaulicher formuliert: Wer von Klark Cent zu Superman werden will, spielt D&D, wer es interessanter findet, von Bruce Wayne zu Batman zu werden, spielt OSR.
- Die Spielwelt ist nicht an die Charakterstufe angepasst, nicht jede Begegnung ist »fair«, das System ist insgesamt nicht ausbalanciert. Das erhöht die Dramatik und die Spannung,
OSR-Spiele lassen außerdem ihren Spielerinnen und Spielern mehr Freiraum, weil weder die Welt noch das Regelwerk des Spiels detailliert vorgegeben sind.
Aktuelle Kampagnen und Spiele, und damit sind eigentlich die beiden Platzhirsche hier in Deutschland Dungeons & Dragons und Das Schwarze Auge gemeint (man könnte auch noch Shadowrun dazu zählen), machen das exakte Gegenteil.
Auch das hat seinen Reiz. Menschen, die gerne innerhalb von Regelsystemen denken und die exakte Simulation von Spielfiguren und Welten lieben, kommen hier auf ihre Kosten. Außerdem erfüllen diese Spiele ein vollkommen legitimes Sicherheitsbedürfnis, denn alles, auch Details in der Spielwelt, sind geregelt und nachlesbar.
Spielleitungen müssen sich an einen ziemlich exakt festgelegten Kanon halten, der dazu führt, dass Spielerinnen und Spieler sich sicher sein können, dass das Spielgefühl immer gleich bleibt, auch wenn die Spielleitung wechselt.
Ich persönlich mag das allerdings weniger.
Und ich bin ein alter Sack, der sich wieder jung fühlen kann, wenn er das Gefühl hat, so zu spielen wie noch in den 1980ern. Deswegen mach ich OSR oder Spiele, die so ähnlich sind.