Wie Sie schnell und einfach einen Pitch schreiben

Wie Sie schnell und einfach einen Pitch schreiben

Pitching ist die Hölle für jeden Romanautoren. 300, 400, ach was, 1000 Seiten haben Sie Story, Figuren und Thema entwickelt. Und jetzt soll das alles eingedampft, verflacht und vereinfacht werden. In einer Handvoll Sätzen. Doch jammern hilft hier nichts. Die meisten Autoren müssen da früher oder später durch, wenn Sie Ihren Roman einem Verlag anbieten wollen.


Pitching? Was soll das Überhaupt sein?

Stellen Sie sich vor, Sie treffen zufällig einen Verleger oder eine Verlegerin im Fahrstuhl und haben genau ein Stockwerk Zeit, Ihren Roman so schmackhaft wie möglich zu machen. Was würden Sie sagen, um ihn oder sie zu begeistern?

Ein Pitch ist also Ihr Roman in wenigen Sätzen. Mehr als ungefähr fünf sollten es nicht sein. Je weniger desto besser.

Das ist ein Pitch.


Selbst wenn Sie Ihren Roman keinem Verlag anbieten wollen, kann es nicht schaden, wenn Sie lernen zu pitchen:

  • Beim Pitchen erfahren Sie die Stärken und Schwächen Ihres Plots.
  • Auch als Selfpublisher müssen Sie oft die Frage beantworten: Woran schreiben Sie eigentlich gerade?
  • Sie wirken einfach auf andere selbstsicherer, wenn Sie einen knackigen Pitch formulieren können, statt zu stottern.
  • Mit einem packenden Pitch können Sie in Gesprächen neue Leser gewinnen.
  • Ein toller Pitch ist schon der halbe Weg zum gelungenen Klappentext.

Um es noch einmal sehr deutlich festzuhalten, meistens zeugt das Unvermögen, die eigene Story auf den Punkt zu bringen, von zweierlei:

  • Erstens von mangelndem Selbstvertrauen. Auf dem Papier sieht alles so nett aus, aber sobald Sie darüber sprechen müssen, kommt Ihnen alles komisch vor. Das muss jedoch nicht daran liegen, dass Ihr Roman schlecht ist, sondern daran, dass Sie nicht gelernt haben, Ihre Idee verbal selbstbewusst rüberzubringen. Ein Pitch kann Ihnen das zu mehr Selbstsicherheit verhelfen.
  • Zweitens – und noch viel schlimmer – kann die Unfähigkeit, den eigenen Roman in einem Satz zusammenfassen, bedeuten, dass die Grundidee der Story noch nicht gut genug durchdacht ist. Pitching hilft Ihnen also, einen besseren Roman zu schreiben. Auf jeden Fall hilft es Ihnen, besser zu plotten, bzw. Ihren Plot zu überprüfen.

Schritt für Schritt zum packenden Pitch

Zum Glück gibt es eine Systematik beim Pitchen.


Ein guter Pitch enthält sieben Zutaten

  1. Hauptfigur
  2. Beschreibung der Hauptfigur
  3. Setting
  4. Ziel der Hauptfigur
  5. Schurke
  6. Beschreibung des Schurken
  7. Ziel des Schurken

Wichtig: Im Gegensatz zum Exposé, sozusagen der großen Schwester des Pitches, enthält der Pitch nicht die Auflösung des Plots. Also das Ende Ihres Romans. Ein Exposé soll einen Überblick über Ihren kompletten Roman liefern. Aber der Pitch soll nurneugierig machen. 


Damit die Sache nicht zu abstrakt bleibt, exerziere ich das Ganze an einem populären Beispiel durch. Und zwar an Star Wars Episode IV. Also, am erste Star Wars aus den 1970ern. Der Film dürfte populär genug sein, so dass jeder wenigstens eine Ahnung von der Handlung haben dürfte, um das Folgende nachzuvollziehen. Und er ist alt genug, so dass ich niemanden spoilern dürfte.

1. Hauptfigur:
Luke Skywalker.

2. Beschreibung der Hauptfigur:
Bauernjunge, der das Universum entdecken will, aber auf dem öden Wüstenplaneten Tatooine festhängt. Obi-Wan Kenobi wird sein Mentor.

3. Setting:
Eine Galaxis, die von dem diktatorischen, militärisch starken Imperium beherrscht wird, in der es viele Aliens, Roboter und riesige Raumschiffe gibt. Einst gab es die Jedi, die die mystische Energie der Macht nutzen konnten, um die Galaxis zu beschützen. Nun gibt es nur noch eine kleine Gruppe von Rebellen, die dem mächtigen Imperium verzweifelt Widerstand leisten.

4. Ziel der Hauptfigur:
Tatooine verlassen, um das Imperium zu bekämpfen.

5. Schurke:
Darth Vader.

6. Beschreibung des Schurken:
Der letzte Jedi, der aber zur dunklen Seite der Macht übergetreten ist und beim Ausüben seiner Herrschaft auch über Leichen geht.

7. Ziel des Schurken:
Den letzten Widerstand gegen das Imperium in Form der Rebellen zerstören, indem er die ultimative Waffe, den Todesstern, benutzt.

So weit, so gut. Setzen wir das alles zusammen und wir haben eine Art Kurzexposé:


Luke Skywalker ist ein Bauernjunge in einer Galaxis voller Aliens, Roboter und riesiger Raumschiffe, die von dem diktatorischen Imperium beherrscht wird. Einst beschützten die Jedi das Sternenreich, die die mystische Energie der Macht nutzen konnten. Nun gibt es nur noch eine kleine Gruppe von Rebellen, die dem diktatorischen Imperium Widerstand leisten. Luke möchte das Imperium bekämpfen, aber er hängt auf dem öden Wüstenplaneten Tatooine fest. Darth Vader, der letzte Jedi, der aber zur dunklen Seite der Macht übergetreten ist, will die Rebellen vernichten, indem er die ultimative Waffe nutzt, den Todesstern. Lukes Mentor, Obi-Wan Kenobi, erhält einen Notruf der Rebellen, um ihnen in einer verzweifelten Schlacht gegen den Todesstern beizustehen. Die beiden ziehen aus, um sich dem Kampf zu stellen. Dank Obi-Wan entdeckt Luke die Macht in sich, mit deren Hilfe er den Todesstern zerstören und die Rebellen retten kann.


Hier und da musste ich natürlich die Stichpunkte aus der Liste etwas umformulieren und etwas ergänzen. Ich finde diese Zusammenfassung schon recht gelungen – aber sie ist eben noch kein Pitch.

Kürzen, kürzen, kürzen …

Schauen wir uns an, wie weit wir den Text noch eindampfen können. 

Das Ende können wir für den Pitch schon mal streichen, wie wir wissen. Aber das reicht natülich noch lange nicht.

Um angemessen kürzen zu können, müssen Sie wissen, was das Hauptelement der Story ist. Also das, was den Leser am meisten interessiert und die Handlung vorantreibt. Meiner Meinung nach ist dies Lukes Entwicklung, die zeigt, wie er sich von einem Bauernjungen in einen Kriegshelden verwandelt. Streichen wir also alles, was nicht unbedingt zu seiner Entwicklung gehört und beschränken wir uns beim Setting auf das absolut Notwendige.


Luke Skywalker ist ein Bauernjunge in einer exotischen Galaxis, der das diktatorische Imperium bekämpfen will und dazu gegen Darth Vader antreten muss, der den letzten Widerstand, die Rebellen, vernichten will, indem er die ultimative Waffe nutzt, den Todesstern.


Okay, vielleicht noch kein perfekter Pitch, aber auf jeden Fall etwas, womit wir noch weiter arbeiten können. Mich stören noch die vielen Einschübe. Ein Pitch sollte eleganter über die Lippen gehen. Aber das Prinzip sollte deutlich werden.

Der Pitch lässt eine ganze Menge offen. Wie sollte das bei einem Satz anders sein? Das ist jedoch kein Nachteil – wenn die richtigen Dinge offen gelassen werden. Ein Pitch soll ja neugierig machen. Die Frage ist also nicht, ob der Pitch Dinge auslässt, sondern welche.

Was außerdem deutlich wird: Der Pitch muss das Protagonist-Antagonist-Verhältnis verraten, denn in dessen Spannungsfeld entsteht die Story. Dabei spielt es, wie im Star-Wars-Beispiel, gar keine Rolle, dass Luke Darth Vader eher indirekt die Stirn bietet. Zwischen diesen beiden Figuren spielt sich der Konflikt ab, denn sie besitzen entgegengesetzte Ziele (Luke: Rebellen retten, Vader: Rebellion vernichten).

Am Ende des Prozesses könnte folgender Pitch stehen:

Der Bauernjunge Luke Skywalker verlässt seinen öden Heimatplaneten. Er erlebt Abenteuer in den weiten der Galaxis, um sich der Rebellion anzuschließen und gegen den mächtigen Darth Vader, den Anführer des Imperiums, anzutreten.


Übrigens lautete der Pitch von George Lucas für seinen Film damals wohl ungefähr »Ein Film wie Flash Gordon, nur mit psychologischem Tiefgang.«

Solche ultrakurzen Pitches nennt man Elevator-Pitches. Wie eingangs schon beschrieben, hat man manchmal nur sehr, sehr wenig Zeit, über seine Story zu sprechen. Eben die berühmte Fahrstuhlfahrt. So unglaublich kurz muss dann häufig der Pitch nun doch nicht sein.

Ob Lucas‘ Elevator-Pitch so gelungen ist oder nicht, muss jeder für sich selbst entscheiden.