Angeregt von Zoe Becks hervorragenden Schreibtipps für Menschen, die Autor werden wollen, hier einmal meine 10 wichtigsten Schreibtipps, die mir ganz persönlich bisher geholfen haben.
10. Sie sind besser, als Sie befürchten, aber schlechter, als Sie zunächst glauben
Manche beginnen nie mit dem Schreiben, weil sie glauben, zu schlecht zu sein. Andere gehen euphorisch ans erste Buch und sind in gewisser Weise überambitioniert. Wenn Sie so sind wie ich, pendeln Sie zwischen beiden Polen immer mal wieder hin und her.
Hier die guten Nachrichten:
- Jeder kann schreiben, wenn er will. Sie sind nicht gut in Rechtschreibung? Das spielt erstmal keine Rolle. Vieles lernen Sie von selbst, das Meiste lässt sich schnell nachschlagen.
- Sie haben hast keine Ideen? Es gibt Kreativitätstechniken. Zur Not können Sie Ideen klauen. Das ist erst einmal nicht so wichtig. Hauptsache Sie schreiben. Einfälle kommen mit der Routine.
- Sie haben kein Talent? Vergessen Sie Talent. Es ist ziemlich unwichtig. Wenn es denn überhaupt existiert. Nehmen wir an, es gäbe so etwas wie Talent: Was bringt es, der talentierteste Mensch der Welt zu sein, der nie mit dem Schreiben beginnt? Arbeiten Sie viel, dann kommen Routine und Erfahrung. Die sind viel wichtiger als Talent.
Und die schlechte Nachricht:
Sie glauben der Auserwählte zu sein, der Autor, auf den die Welt gewartet hat, das größte Talent (da ist es wieder) unter der Sonne?
Glauben Sie lieber etwas anderes.
- Sie machen Fehler. Viele.
- Sie werden viel und hart an Ihren Schreibfähigkeiten arbeiten und sehr, sehr viele Rückschläge einstecken müssen.
- Niemand wartet auf Ihr Werk. Im Gegenteil. Sie müssen mit aller Kraft beweisen, dass Sie es wert sind, gelesen zu werden – in Konkurrenz zu unzähligen anderen Autoren. Da ist es wichtig, selbstkritisch zu sein und sein Bestes zu geben.
Zwischen diesen beiden Polen müssen Sie einen Ausgleich schaffen, um mit gesunder Selbstskepsis und einem mindestens genauso großen Selbstvertrauen ans Schreiben ranzugehen. Keine leichte Gratwanderung.
9. Kennen Sie die Regeln
Ja, es gibt so was wie Regeln beim Schreiben.
Gibt es wirklich Schreibregeln?
Nicht so richtig. Es gibt lediglich so was wie »Best Practice«, also Erfahrungswerte und Konventionen, die sich halt in der Buchwelt bewähren.
Regeln ist ein irreführender Begriff, weil wir es gewohnt sind, dass Regeln quasi so etwas wie Gesetze sind, deren Nichteinhaltung geahndet wird.
So ist das natürlich mit Schreibregeln nicht. Es gibt keine Autorenpolizei, die das Einhalten der Regeln kontrolliert. Keine Eltern, die sie ohne Nachtisch ins Bett schicken.
Trotzdem ist es leichter von Regeln zu sprechen, als von »Erfahrungen, die sich bewährt haben, und die Sie befolgen sollten, wenn Sie möchten, dass Ihr Buch fertig und von möglichst vielen Menschen gelesen wird.«.
Sie verstehen, worauf ich hinaus will …
Manche glauben Regeln seien einengend, dass Kreativität keine Vorschriften haben dürfe.
Vergessen Sie nicht, dass Regeln auch eine Hilfe sein können. Sie nehmen Denk- und Entscheidungsarbeit ab. Und das ist – gerade wenn man anfängt mit dem Schreiben – etwas Gutes.
Es gibt so viele Dinge, die zu bedenken und zu entscheiden sind. Da können Sie bei Ihrem ersten Roman jede Hilfe gebrauchen.
Deswegen sind Regeln Ihr Freund. Lernen Sie so viele wie möglich.
8. Brechen Sie die Regeln
Wenn Sie sklavisch alle Regeln befolgen, wird wahrscheinlich ein langweiliges, formelhaftes Werk entstehen.
Brechen Sie jedoch keine Regel, weil Sie sie nicht kennen. Brechen Sie keine Regel, weil Sie sich nicht genug Gedanken darüber gemacht haben.
Brechen Sie eine Regel bewusst, weil Sie glauben, dass dies Ihr Alleinstellungsmerkmal ist und dass dies Ihrem Buch guttut.
7. Haben Sie einen Plan
Manche können gut ohne Planung schreiben. Für mich war es einer der wichtigsten Tipps, dass es gut ist, das Ende zu kennen, bevor ich mich an den Anfang eines Buches setze.
Über zehn Jahre lang habe ich unzählige Anfänge von Romanen geschrieben und es nie bis zur letzten Seite geschafft, weil ich einfach keine Ahnung hatte, was auf der letzten Seite stehen sollte.
Es ist eigentlich ganz einfach: Beim Marathon laufe Sie auch nicht los, wenn Sie nicht wissen, wo das Ziel ist. Gäbe es keine Ziellinie, würden Sie immer weiter laufen und irgendwann tot umfallen. Ich finde, Romanprojekte sind wie ein Marathon.
6. Hören Sie nicht auf zu lernen
Irgendwann haben Sie unzählige Schreibratgeber gelesen und viele, viele Wörter geschrieben. Sie haben Routine. Anderen gefällt, was Sie schreiben.
Und trotzdem gibt es immer noch Dinge, die Sie lernen können.
Ich lerne jeden Tag dazu. Es gibt immer wieder neue Erkenntnisse, sogar in Bereichen, von denen ich glaubte, sie längst erfasst zu haben.
5. Kennen Sie Ihr Zielpublikum
Logisch. Wer für Kinder von 8-10 schreibt, schreibt anders als jemand, der für technikbegeisterte Männer ab 50 schreibt.
Sie schreibsen einen SF-Krimi? Krimifans werden Sie für die SF-Elemente hassen. SF-Puristen werden die Krimihandlung nicht mögen.
Aber es wird eine Gruppe von Menschen geben, die SF-Krimis toll findet (ich zum Beispiel liebe SF-Krimis). Sie müssen damit leben, dass es viele gibt, die Ihr Buch nicht mögen werden, und nur wenige, die es gerne lesen.
Ein Buch für alle gibt es nicht, auch wenn große Erfolge wie »Harry Potter« oder »Fifty Shades of Grey« das vortäuschen. Selbst bei diesen Bestsellern, die von Millionen gelesen werden, gibt es eine Menge Leute, die diese Bücher doof finden.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie am Ende für niemanden schreiben, wenn Sie versuchst für alle zu schreiben, ist ziemlich groß
Identifizieren Sie Ihr Zielpublikum und schreiben Sie dann für dieses das bestmögliche Buch.
4. Kennen Sie Ihr Genre
Jedes Genre hat Konventionen, soll heißen, Erwartungen, die Leser an ein Buch aus dieser Sparte stellen. Über Jahre und Jahrzehnte der Lektüre hat sich diese Erwartungshaltung entwickelt.
Das heißt nicht, dass Sie keine Dinge tun dürfen, die gegen die Konventionen des Genres verstoßen. Es bedeutet auch nicht, dass Sie keinen individuellen Stil haben dürfen.
Ihr Genre zu kennen bedeutet, eine Form zu wahren, die es Ihren Lesern ermöglicht, einen Kontakt zu Ihrem Buch aufzubauen.
Das Genre ist eine Vase. Es gibt sie in eckig, rund, groß, klein, bunt, durchsichtig … Am Ende weiß aber jeder, dass das ein Gefäß ist, in das Wasser reinkommt, damit man Blumen darin auf den Tisch stellen kann.
Sie könnten jetzt auf die Idee kommen, eine Vase zu basteln, die aus einer geschlossenen Kugel besteht. Sie halten das für einen total genialen Witz. Eine Vase, in die man keine Blumen stellen kann. Ha, ha. Die Leute stehen davor und wundern sich. Ist doch eine Kugel, obwohl Vase draufsteht. Seltsam.
Ja, vielleicht ist das für sie und einen kleinen Kreis Eingeweihter ein tolle Witz. Aber es wird Ihnen nicht gelingen, Ihre Kugel als Vase zu verkaufen. Ganz gleich, wie hübsch sie ist.
3. Lesen Sie viel
Natürlich ist Lesen eine wichtige Voraussetzung fürs Schreiben. Wenn Sie lesen – viel lesen – werden Sie automatisch mit der Sprache und den vielen ungeschriebenen Konventionen vertraut.
Wo ich mir nicht ganz sicher bin: Einige meinen, es gelte, möglichst viel unterschiedliche Texte zu lesen. Andere wiederum finden es besser, sich in seinem Genre perfekt auszukennen.
Ich denke, beides ist wichtig.
Ich tendiere dazu einfach keine Genres, sondern Autoren zu lesen. Ich bin nicht der größte Horror-, Fantasy-, Science-Fiction- oder Krimi- und Thriller-Fan oder -Experte unter der Sonne. Aber ich lese in all diesen Genres einige Autoren intensiv. Ich glaube, dass es diese Mischung von Einflüssen ist, die mich am Ende als Autor ausmachen
Bei verschiedenen Autoren gibt es unterschiedliche Merkmale, die mich inspirieren.
- John Scalzi etwa fasziniert mich, weil er Space Opera schreibt, die eine Prise des typischen Hard-Boiled-Jargons in seiner Sprache haben.
- An Brandon Sanderson gefallen mir die Plotwendungen und die Eigenständigkeit, mit der er Settings entwickelt.
- Sebastian Fitzek verblüfft mich, weil er konsequent seine Bücher nach der Spannung ausrichtet.
- Melanie Raabe lese ich gerne, weil sie unblutige, mysteriöse Thriller schreibt, was mir sehr sympathisch ist.
- Neil Gaiman lese ich gerne, weil mich sein Einfallsreichtum beeindruckt.
Das ist so eine Auswahl an Autoren, die mich inspirieren, die ich immer wieder gerne lese und von denen ich mich anregen lasse, meinen eigenen Stil zu entwickeln, der irgendwo dazwischen liegt.
2. Entwickeln Sie eine Schreibroutine
Wenn Sie es beim Schreiben zu was bringen wollen, müssen Sie es regelmäßig tun. Am besten täglich. Sie sollten sich wenigstens vornehmen, täglich zu schreiben. Denn es kommt ohnehin immer was dazwischen. Wenn Sie planen, täglich zu schreiben, stehen die Chancen gut, dass Sie an vier, fünf Tagen die Woche auch dazu kommen. Zumindest geht mir das so.
Ich schreibe am liebsten morgens, gleich nach dem Aufstehen. Damit ist die Wahrscheinlichkeit relativ gering, dass mir was dazwischen kommt. Zu dieser Zeit ist es ruhig, Ablenkungen wie klingelnde Telefone etc. gibt es nicht und ich bin geistig frisch und ausgeruht.
Aber das muss bei Ihnen nicht genauso sein. Finden Sie Ihr tägliches Zeitfenster zum Schreiben. Dabei geht die Regelmäßigkeit (möglichst jeden Tag) vor Dauer (ein paar Minuten können schon reichen).
1. Beenden Sie, was Sie beginnen
Ein langes Manuskript (50.000 oder mehr Wörter) nicht nur zu beginnen, sondern auch zu beenden, ist ein Wert an sich. Ganz gleich, wie gut oder schlecht es ist – wenn Sie es fertig schreiben, ist das in mehreren Beziehungen die wichtigste Erfahrung, die Sie beim Schreiben machen können. Mit einem Schluss, den Sie schreiben, lernst Sie mehr, als mit einem Dutzend Anfängen.
Ich könnte jetzt eine lange Liste mit vielen Begründungen für diesen Tipp machen. Aber probieren Sie es lieber aus. Nichts wird Sie beim Schreiben je so sehr bestätigen und Ihnen das Gefühl geben, ein Autor zu sein.
»Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.« lautet ja das berühmte Zitat von Hermann Hesse. Nun, ich bin kein Fan von Hesse und auch nicht von diesem Zitat. Denn es sind nicht die Angänge beim Schreiben, die wichtig sind.
Einen Roman zu beginnen ist verhältnismäßig leicht. Ihn zu beenden ist viel, viel schwieriger und ungleich wichtiger.
Unvollendete Manuskripte sind Sargnägel für die Autorenkarriere.