Wie Sie spannender beschreiben

Wie Sie spannender beschreiben

Räume, Menschen, Handlungen, sinnliche Wahrnehmungen … Beschreibungen in Romanen verleihen dem Leser Orientierung. Sie vermitteln ihm, wie die Figuren sich fühlen, wie sie handeln, was sie sehen usw. Aber nichts tötet so sehr die Fantasie des Publikums wie langweilige Beschreibungen. Aber wie schaffen Sie es, spannend zu beschreiben?


Eine kleine Warnung vorweg

Spannung ist so eine Sache. Denn sie liegt, wie so vieles, im Auge des Betrachters. Ja, es gibt Leser, die den Pfeifenkraut-Prolog von Tolkiens Herrn der Ringe zu schätzen wissen. Aber es wird einen Grund haben, dass sie bei der Verfilmung des Romans weggelassen wurde.

Ganz gleich, wie Sie also beschreiben, Sie werden es nicht allen recht machen. Aber wenn man es sich genau überlegt, gilt das für so ziemlich jeden Aspekt beim Romanschreiben.


Wozu und wann brauchen Sie unbedingt Beschreibungen?

Häufig können Sie Beschreibungen durch Handlungen oder Dialoge ersetzen. Wann immer dies möglich ist, sollten Sie das auch zu tun.

»Mein Güte, wie siehst du denn aus? Aus dem Bett gefallen, hm? Hat ein Vogel auf deinem Kopf genistet?«

Wirkt einfach lebendiger, als wenn Sie beschreiben:

Nach dem Aufstehen sah seine Frisur aus wie ein Vogelnest.

Hinzu kommt, dass der Dialog auch gleich mehr leistet. Er klärt zum Beispiel auch die Beziehung zwischen den Sprechern, ohne dass Sie diese extra beschreiben müssen. Denn mit Ihrem Chef würden Sie wohl nicht so reden, oder?

Mit anderen Worten: Dialoge sind nicht nur lebendiger als Beschreibungen. Sie sind auch effizienter.

Er schob die Hornbrille mit dem Zeigefinger ein Stück die Nase hoch. »Ich weiß nicht …«

Mit der Handlung und dem anschließenden Dialog erreichen Sie eine größere Anschaulichkeit, als wenn Sie nur schreiben:

Er trug eine Hornbrille.

Hinzu kommt: Handlungen suggerieren Bewegung. Auch wenn sie noch so klein sein mag, ist sie in der Regel besser als eine statische Beschreibung.

Menschen sind evolutionär geprägt, Bewegungen interessant zu finden. Denn das, was sich bewegt, könnte entweder ein leckerer Snack sein, oder etwas, das mich gerne snacken würde.

Sogar die Bewegung, die nur im Kopf beim Lesen von Wörtern entsteht, macht einen Roman auf jeden Fall interessanter, als statische Beschreibungen.


Keine Regel ohne Ausnahme

Aber manchmal müssen oder wollen Sie lieber beschreiben als Informationen in einem Dialog oder in Handlung zu transportieren.

Mögliche Gründe dafür sind:

  • Abwechslung. Immer wieder das gleiche Stilmittel zu benutzen, lässt Ihren Roman monoton erscheinen.
  • Sie haben in einer Szene noch keine Figuren etabliert, die handeln können.
  • Manchmal ist Beschreiben schlicht der kürzere und damit effizientere Weg. Und der kürzeste und einfachere Weg ist fast immer der beste, wenn man mich fragt.

Wie sollte es also auch anders sein, selbst für den guten Tipp, Beschreibungen durch Handlungen oder Dialoge zu ersetzen, gibt es haufenweise Ausnahmen. Und wenig pauschale Anleitungen.

Verlassen Sie sich auf Ihr Gefühl, auf das Urteil Ihrer Testleser und schauen Sie sich an, wie und wann erfolgreiche Autoren Ihres Lieblingsgenres beschreiben.


Drei Ebenen der Beschreibung

Beschreibungen finden auf drei Ebenen statt:

  • Dinge, die Figuren in der Szene sehen, hören, riechen, schmecken – die sie also stellvertretend für den Leser wahrnehmen.
  • Gefühle, die die Figuren empfinden und die anders nicht zum Ausdruck gebracht werden können.
  • Erklärungen, die dem Leser eine tiefere Einsicht ins Geschehen vermitteln, wie zum Beispiel Hintergrundwissen zu Figuren, Orten oder Vorgängen.

Kleiner Hinweis für Experten

Natürlich hängt eine Beschreibung massiv von der Perspektive ab, die Sie für Ihren Roman gewählt haben.

Wenn Sie eine personale Erzählweise benutzen (also erste oder dritte Person limitiert), dann fallen beispielsweise Erklärungen ganz anders aus als wenn sie einen auktorialen Erzähler (also erste oder dritte Person nicht-limitiert) verwenden.

Beim autkorialen Erzähler besteht immer die Gefahr, dass Sie beim Beschreiben den Eindruck eines Lexikonartikels erwecken.

Ja, es gibt die Meister, die auch diese Perspekitve beherrschen und in dieser spannend und mitreißend beschreiben können. Aber da gehört viel Know-how und Fingerspitzengefühl dazu.

Und ja, es gibt auch Leser, die darauf stehen, wenn Romane sich wie Lexikonartikel lesen. Aber die sind eher in der Minderheit.


Grundlegendes zu Beschreibungen

Folgende Eigenschaften sollte jede Beschreibung in meinen Augen erfülllen:

  • Kürze: Gerade im Thriller oder im Krimi geht es um Handlungen und Enthüllungen. Beschreibungen nehmen immer das Tempo aus einer Szene. Wenn Sie länger als drei oder vier Sätze beschreiben, überlege Sie sich, ob und wie sie kürzen können.
  • Ökonomie: Sie sollten sich stets sehr gut überlegen, ob sie etwas unbedingt beschreiben müssen. Ist der Gegenstand oder die Handlung wirklich wichtig für die Geschichte? Bringt sie den Plot voran? Zeigt sie etwas, das Sie noch nicht gezeigt haben? Muss der Leser das wirklich wissen?
  • Anschaulichkeit: Häufig können Sie mit einem Vergleich oder einer Metapher mehr sagen als mit viele Wörtern. Der Leser hat Fantasie und malt sich auf seiner inneren Leinwand sein eigenes Bild. Mit einem Vergleich oder einer Metapher können Sie diese Vorstellung lenken, ohne gleichzeitig seine Fantasie zu töten und fordern ihn auf einer sinnlichen Ebene heraus. Sie wecken Gefühle. Und Gefühle sind spannend.
  • Detailreichtum: Wirklich gute Beschreibungen greifen aus der Vielzahl möglicher Wahrnehmungen in einer Szene ein spezifisches Detail heraus. Dieses wird dann so anschaulich wie möglich beschrieben. Sie können sich beispielsweise den Rest des Raumes sparen, wenn sie den Sekretär, der darin steht als dunkel, muffig und massiv beschreiben. Na? Haben Sie jetzt nicht ein Bild vor Augen, wie es dort aussehen könnte?
  • Vielschichtigkeit: Gelungen beschriebene Details erwecken beim Leser einen Eindruck vom Großen und Ganzen. Bestenfalls erfüllen Beschreibungen mit wenigen Sätzen viele Funktionen gleichzeitig. Sie führen dem Leser spezifische Details vors innere Auge, um seine Fantasie zu aktivieren, treiben die Handlung voran, sagen etwas über die Perspektivfigur der Szene aus, verstecken wichtige Details, die für einen späteren Zeitpunkt wichtig werden usw. …

Noch eine kleine Warnung zum Schluss

Versuchen Sie nicht, im ersten Entwurf bei Ihren Beschreibungen eine Punktlandung. Sie kommen aus dem Grübeln über einzelne Sätze nie hinaus und schreiben dann viel zu langsam und ineffektiv. Verschieben Sie das Finden einer packenden Beschreibung in die Überarbeitungsphase. Das macht auf Dauer mehr Spaß. Mir zumindest.