Ich bin ein Fan von Karteikarten als Hilfsmittel, um einen Roman zu planen und die Arbeit am Projekt zu organisieren. Um ehrlich zu sein, kann ich mir gar nicht mehr vorstellen, ohne sie zu schreiben. Tatsächlich sind Karteikarten das Herzstück meiner Planung.
Allerdings benutze ich keine physischen Karteikarten. Stattdessen arbeite ich mit Scrivener, der besten Software für Autoren, die ich kenne (und ja, ich kenne und mag Papyrus, halte sie aber für die zweitbester Software, obwohl ich sie auch nicht mehr missen möchte). Scrivener stellt virtuelle Karteikarten an einer virtuellen Pinnwand zur Verfügung, was das Schreiben eines Romans auf vielfältige Weise ungemein praktisch macht:
- Fokus: Eine Karteikarte stellt mir nur einen begrenzten Platz zur Verfügung. Ich muss mir gut überlegen, was ich darauf schreibe, damit sie übersichtlich bleibt, so dass ich mich automatisch auf das Wesentliche konzentriere.
- Organisation: Karteikarten visualisieren den Plot. Jede Szene hat eine Karte, ich weiß genau, was wann mit wem und warum passiert, kann das alles auf einen Blick erfassen.
- Flexibilität: Ich kann die Karteikarten hin und her schieben, entfernen oder welche dazu packen, was in einem Fließtext oder bei einem Flussdiagramm auf Papier so einfach nicht möglich wäre.
Warum virtuelle und keine physischen Karteikarten?
Sie können sich natürlich frei entscheiden, statt einer Software, physische Karteikarten zu verwenden. Viele finden es wichtig, mit einem Stift in der Hand auf Papier zu schreiben.
Der Vorteil: Die physische Karteikarte stört Ihr Denken nicht durch eine E-Mail und verführt Sie auch nicht dazu, schnell mal auf Facebook Ihre Timeline zu checken. Manche empfinden auch das Schreiben per Hand als Konzentrationshilfe.
Der Nachteil: Physische Parteikarten können in Unordnung geraten. Und bei einem umfangreichen Projekt benötigen Sie vielleicht 50 oder mehr davon. Dann benötigen Sie auch eine verflixt große Pinnwand. Das Hin- und Herschieben einzelner Karten wird sehr mühselig, denn dann müssen Sie auch alle anderen umheften usw.
Was genau schreiben Sie auf eine Karteikarte?
Das hängt davon ab, wie Sie schreiben und was Ihnen hilft. Seien Sie nicht dogmatisch, sondern experimentieren Sie, bis Sie einen Weg gefunden haben, der für Sie passt.
Früher habe ich alle möglichen Infos auf einer Karteikarte festgehalten: Inhalt, Handlungsort, welche Figuren in der Szene auftauchen, wann die Szene spielt, worum es in dem Konflikt geht, welche Emotion in der Szene herrscht usw. Die vielen Informationen haben jedoch für mich auf Dauer eher weniger Klarheit bewirkt. Ich musste mich durch die Infos auf der Karte durcharbeiten, was Nerven gekostet hat.
Es hat auch verflixt viel Zeit gekostet, alle Infos auf einer Karteikarte zusammenzutragen, nur um später festzustellen, dass ich diese sowieso abändern muss, weil ich Fehler gemacht oder beim Schreiben bessere Ideen entwickelt habe und am Ende auch gar nicht so viel brauchte, wie ich anfangs geglaubt hatte.
Schlimmer noch: Je mehr Infos ich auf eine Karteikarte packe, desto eher verführe ich mich selbst dazu, die Handlung meines Romans aufzublähen und komplexer zu gestalten, als es ihm gut tut. Je einfacher ich die Dinge halte, desto eher kann ich den Überblick behalten, desto leichter und schneller fällt mir die Arbeit und – vor allem – desto einfacher wird es später für den Leser, meinem Plot auch zu folgen.
So viel wie nötig, so wenig wie möglich
Inzwischen bin ich dazu übergegangen, so wenig wie möglich auf eine Karte zu schreiben. Und das sind im Prinzip nur drei Dinge:
- Handlung: Was passiert in der Szene? Was sind also die wichtigsten Handlungsschritte, die diese Szene ausmachen? Wie treibt die Szene den gesamten Plot voran? Ich versuche mich auf einen Satz zu beschränken.
- Emotion: Was fühlt die Perspektivfigur in der Szene? Was will sie? Was treibt sie an? Und noch viel wichtiger: Was steht ihr dabei im Weg? Worin besteht also der innere oder äußere Konflikt der Szene? Wie verändert sich ihr emotionaler Zustand. Ich halte all das mit zwei Wörtern Fest. »Gefühl am Anfang der Szene« -> »Gefühl am Ende der Szene«
- Konflikt: Was steht dem Ziel der Figur in der Szene im Weg?
Auf die Kopfzeile einer Karteikarte schreibe ich meistens noch Ort, Datum und Uhrzeit der Szene. Somit spare ich mir eine Zeitleiste.
So sieht das Ganze dann am Ende aus.