In meinem Beitrag 10 Tipps, die sofort Ihr Schreiben verbessern habe ich bereits einige Empfehlungen gegeben, die meiner Meinung nach zu einem besseren Schreibstil führen. Hier noch fünf weitere Tipps, die ich nützlich finde. Sozusagen für Fortgeschrittene
1. Überlassen Sie Ihren Roman nicht den großgeschriebenen Wörtern – Nomninalstil meiden
»Wegen meines Verdachts verpasste ich dem Fremden erst einmal so viel Prügel, dass er des Redens nicht mehr mächtig war.«
Ein schauriger Satz, vor allem, weil er viel zu viele Nomen, also Hauptwörter, hat.
Nominalstil?
Je mehr Nomen ein Satz enthält, desto unübersichtlicher wird er und desto mehr werden die Verben in den Hintergrund gedrängt. Dieses Phänomen nennt man Nominalstil. Er begegnet uns häufig in wissenschaftlichen Arbeiten, Geschäftsbriefen und amtlichen Schreiben (Juristen lieben Nomen.). Deswegen denken wir unweigerlich, dass der Nominalstil gleichbedeutend ist mit einer seriösen und gehobenen Sprache.
Wenn man die vielen Nomen weglässt, wird der Satz gleich viel anschaulicher:
»Weil ich ihn verdächtigte, vermöbelte ich den Fremden so sehr, dass er nicht mehr sprechen konnte.«
2. Löschen Sie Partikeln, was immer das auch so genau sein mag
Partikeln sind seltsame, schwer definierbare Schurken, die sich hinterhältig in die gesprochene Sprache einschleichen und leider auch allzu oft in die geschriebene.
Partikeln? Zu viel Grammatik … Lesen auf eigene Gefahr.
Leider sind Partikeln eine komplizierte Angelegenheit.
Der Duden definiert Partikeln sinngemäß als unflektierbare Wörter (also, Wörter, die unveränderbar sind und die eine Aussage oder einen Ausdruck abwandeln, selbst aber keine Satzglieder sind, wie z.B.
- Präpositionen (Verhältniswörter wie »auf«, »neben«),
- Konjunktionen (Bindewörter wie »und«, »oder«) und
- Adverbien (Umstandswörter wie »langsam«, »unkonzentriert«).
mein-deutschbuch.de meint, Partikeln seien Signalwörter, wie z.B. recht oder total, auch, ja, halt usw.
So richtig einig ist man sich in den verschiedenen Grammatiken also nicht, was genau Partikeln sind. Aber, hey, dieser Beitrag richtet sich an Fortgeschrittene. Sie wollen es doch ganz genau wissen, oder?
Partikeln haben die Eigenschaft, dass sie den Sinn einer Aussage kaum verändern:
»Ich hab das halt vergessen.«
»Du liebst mich ja gar nicht.«
»Halt« und »Ja« sind in diesen Beispielen Partikeln. Lasse Sie sie weg, bleibt die Aussage nahezu gleich. Das ist schon ein Grund, der gegen Partikeln spricht. Sie sind genau genommen überflüssig. Der Volksmund würde sie als Füllwörter bezeichnen.
Wozu gibt es denn überhaupt Partikeln?
Vielleicht wird durch die Partikeln der Sprecher ein wenig genauer charakterisiert, weswegen sie in Dialogen noch eher zu ertragen sind als in Erzählungen oder Beschreibungen. Aber generell sollten Sie Partikeln als allererstes bei Überarbeitungen löschen.
3. Meiden Sie Redundanz
Im Alltag umkreisen wir in Gesprächen gerne ein Thema und sagen mit vielen Wörtern das Gleiche. Redundanz bedeutet also, dass ähnliche Aussagen mehrfach getroffen werden.
»Sie ließ Peter im Regen stehen. Jetzt war er traurig und fühlte sich einsam. Die Einsamkeit breitete sich in seiner Blutbahn aus wie kalte Kochsalzlösung. Er fröstelte.«
Jemanden im Regen stehen zu lassen ist bereits eine Redewendung dafür, dass man jemanden sich selbst überlasst. Dass sich Peter also einsam fühlt, ist eine überflüssige Erläuterung dieser Metapher, die viel aussagekräftiger ist als die langen Erklärungen, die ihr folgen. Dass Peter logischerweise fröstelt, wenn sich Kälte in seinem Körper ausbreitet, weist ebenfalls nur auf das Offensichtliche hin und bietet dem Leser keinen Mehrwert.
4. Schreiben Sie so klar wie möglich, wer spricht
In Filmen wird häufig ein von den Sprechern losgelöster Dialog als Stilmittel eingesetzt. Wir hören nur eine Stimme, ohne zu wissen, wer genau gerade spricht. Manchmal wird die Technik genutzt, um von einer Szene zur nächsten überzuleiten, wodurch der Schnitt flüssiger und die Handlung verdichtet wird.
Im Roman sollten Sie Ihren Leser nie im Zweifel darüber lassen, wer spricht. Denn sobald er überlegen muss, wer gerade was sagt, wird er aus der Handlung gerissen.
Gibt es in einer Situation nur zwei Figuren, die miteinander sprechen, können Sie alle Redebegleitsätze vielleicht weglassen. Hier würden sie den Lesefluss vielleicht eher stören. Aber sobald nicht sonnenklar ist, wer gerad spricht, müssen Sie so früh wie möglich Orientierung verleihen.
Redebegleitsätze richtig platzieren
»Sehr interessant, finden Sie nicht? Das ist ein entscheidender Hinweis. Lassen Sie uns so schnell wie möglich einen Haftbefehl erwirken«, sagte der Kommissar.
In diesem Beispiel verpufft der Redebegleitsatz wirkungslos. Denn am Ende ist ohnehin mehr oder weniger klar, dass der Kommissar spricht. Bis dahin weiß der Leser aber drei Sätze lang nicht, wer gerade redet. Er kann sich vor seinem inneren Auge nicht vorstellen, wer spricht. Das zerstört das Kopfkino.
»Sehr interessant«, sagte der Kommissar, »finden Sie nicht? Das ist ein entscheidender Hinweis. Lassen Sie uns so schnell wie möglich einen Haftbefehl erwirken.«
So weiß der Leser sofort, wer spricht.
Bonsutipp: Vermeiden Sie gleichzeitiges Sprechen
»Au ja! Lass uns was essen«, sagten Ralf, Monika und Peter gleichzeitig.
Leider liest man so was häufiger. Es schreibt sich leicht. Aber mal ehrlich – erleben Sie solche Situationen im realen Leben? Es kommt äußerst selten vor, dass Menschen gleichzeitig etwas sagen. Und dann auch noch wortgleich. Und sogar mehr als zwei.
Hinzu kommt – solche Dialoge können später praktisch unmöglich vorgelesen werden. Auch der schauspielerisch Begabteste kann nicht mit drei verschiedenen Stimmen gleichzeitig sprechen.
5. Konjunktiv – brauche Sie den wirklich?
Der Konjunktiv, also die Möglichkeitsform, verschwindet zunehmend aus der gesprochenen Sprache.
- Er sagte, Herr Schmidt sei krank.
- Er sagte, Herr Schmidt wäre krank.
So sprechen nur noch wenige. Die meisten würden heutzutage sagen: Er hat gesagt, dass er krank ist. Bestenfalls: Er hat gesagt, dass er krank sein würde.
Sie kann nun bedauern, dass der Konjunktiv an Bedeutung verliert oder darüber die Schultern zucken. Ich persönlich finde es schade, dass mit dem Konjunktiv eine elegante Möglichkeit verschwindet, kleine Bedeutungsunterschiede zu transportieren.
Denn im ersten Beispiel, gibt der Sprecher zu verstehen, dass Herr Schmidt mit großer Wahrscheinlichkeit krank ist, er aber nur davon gehört hat. Er kann es also nicht mit Sicherheit sagen, hält es jedoch für wahrscheinlich.
Im zweiten Beispiel zweifelt der Sprecher an, dass Herr Schmidt krank ist.
So dient der Konjunktiv nicht nur dazu, deutlich zu machen, dass der Sprecher sich auf die Aussage eines anderen bezieht, sondern kann sie auch ohne viele Wörter bewerten.
Und der Konjunktiv kann noch viel, viel mehr. Sie können mit ihm
- Wünsche ausdrücken (»Mann, hätte ich jetzt gerne ein Eis.«),
- höflich sein („Dürfte ich mal das Salz haben?«) usw.
Ich finde, eine nähere Beschäftigung mit dem Konjunktiv lohnt sich. Mehr darüber können Sie beispielsweise auf der Website von canoo.net erfahren.
Konjunktiv oder nicht?
Es bleibt Ihnen überlassen, ob Sie ihn verwenden wollen oder nicht. Eine überkorrekte Verwendung kann dazu führen, dass Sie Ihre Leser verlieren, denn da der Konjunktiv im Alltag nicht mehr so häufig benutzt wird, könnten es sein, dass ihn nicht jeder versteht. Oft ist auch das, was sprachlich korrekt ist, nicht unbedingt gut lesbar. Auch wenn es den Grammatiknerd in Ihnen wurmt, kann es manchmal besser sein, sich nicht ganz richtig, dafür aber verständlicher auszudrücken.
6. Nur weil Sie ein Satzzeichen kennen, sollten Sie es nicht dauernd benutzen
»Herrje!«
»Genau! Was soll das überhaupt?!«
»Keine Ahnung!«
»Egal! Jetzt aber schnell …!«
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mir wird hier zu viel geschrien. Ausrufezeichen machen deutlich, dass jemand etwas mit Nachdruck sagt. Ausrufezeichen erzeugen somit Unruhe. Sie sind deswegen wie das Salz in der Suppe. Ganz ohne ist Ihr Text fad. Benutzen Sie sie ständig, wird er ungenießbar.
Besonders schlimm empfinde ich persönlich die Häufung mehrerer Satzzeichen. Aus Comics kennen wir »?!«. Dort sollten Sie sie »?!« lassen. Denn was soll »?!« in der Praxis bedeuten? Dass jemand eine Frage schreit? Hm …
Und da sind wir schon beim nächsten Thema. Das Auslassungszeichen … sollten Sie genauso sparsam verwenden wie Ausrufezeichen. Es gibt Texte, in denen nur noch … wird. Auch das bringt Unruhe in den Text. Fragen Sie sich dreimal, ob Sie … wirklich gerade benötigen.
Genauso verwendet kein Mensch heutzutage mehr das Semikolon (;). Nur weil Sie es auf Ihrer Tastatur finden, müssen Sie es nicht auch verwenden. Wozu? Das Semikolon trennt zwei Sätze stärker als das Komma aber weniger stark als der Punkt. Brauchen Sie diesen Bedeutungsunterschied tatsächlich? Ähnlich wie beim Konjunktiv wissen viele Leser heutzutage gar nicht mehr, dass es dieses Satzzeichen überhaupt gibt. Sie gehen also das Risiko ein, Ihre Leser zu irritieren.